Shopping Apps der Zukunft
Endlich Stöbern im Onlineshop
Online-Shopping hat sich in den letzten Jahren, auch durch die Effekte der Corona-Pandemie, stark verändert. In einem Kooperations-Projekt mit UseTree haben wir uns die Frage gestellt, wie der Onlinehandel der Zukunft aussieht und gemeinsam das Konzept einer Stöber-App für Onlineshops entwickelt.
Stolpert man im heutigen Sprachgebrauch über den Begriff des Stöberns, so werden wohl die meisten Menschen dieses Wort in den Kontext des Einkaufens oder „Shoppings“ setzen. Nehmen wir uns alte Lexika zur Hand, so werden wir dort neben dem meteorologischen Schneegestöber, auch den Bezug zur Jagd wiederfinden und vielleicht ein kleines Schmunzeln provozieren. Denn im Ursprung bedeutet Stöbern nichts anderes, als „Aufsuchen, Aufscheuchen und Auftreiben“. Die Jagd nach dem besonderen Produkt, sei es besonders günstig, besonders wertig, besonders schön oder besonders nachhaltig, erfüllt womöglich ein tiefes, menschliches Urbedürfnis und resultiert im besten Fall in einem erhebenden Gefühl von Stolz und Befriedigung, etwas nach Hause zu tragen.
Betrachten wir die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, so fällt auf, dass sich eine Verschiebung des Einzelhandels in die Onlinewelt vollzogen hat. Und das nicht erst durch Corona. Das Gefühl von früher, den Nachmittag in der Stadt beim Bummeln und Stöbern zu verbringen, hat sich verändert. Zwar greifen nach wie vor Belohnungseffekte und Freude beim Anblick des Postboten oder dem späteren Auspacken, aber vom ursprünglichen Erlebnis in der Fußgängerzone hat sich das Einkaufen zu einer wenig stimulierenden Laptop-Sucherei und abendlichen Couch-Beschäftigung hin verändert.
Da wir diese Entwicklung unmöglich aufhalten werden, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, das Shopping-Erlebnis aus dem Einzelhandel auch online erlebbar zu machen, um die Vorzüge beider Welten zu vereinen. Wir möchten den Menschen die Möglichkeit bieten, zu entdecken, zu stöbern und ihnen ein umfassendes Kauferlebnis bieten.
Doch gehen wir zunächst nochmal einen Schritt zurück und schauen uns den Online- und Einzelhandel, sowie die aktuellen Entwicklungen etwas genauer an.
Die Zukunft des Shoppings
Onlinehandel vs Einzelhandel
Wenn wir uns als Kaufende einmal genauer beobachten, könnte es sein, dass uns das Shoppen im Onlinehandel im Gegensatz zum Einzelhandel eher starr, hierarchisch, bisweilen monoton und eintönig vorkommt. Doch dafür kennen die Onlineshops ihre Nutzer*innen. Daten wie persönliche Vorlieben werden erfasst und Empfehlungen nutzerbasiert zugespielt. Auch die Reichweite dieser Shops erstreckt sich theoretisch über den gesamten Globus. Der lokale Einzelhandel ist hingegen ortsgebunden und im Vergleich zum Onlinehandel lebendig und explorativ. Nutzer*innen können im Laden den Blick schweifen lassen, Neues entdecken, stöbern, kosten, anprobieren und somit alle Sinne ansprechen. Daher liegt es nahe, Synergien aus dem Wechselspiel von Onlineshop und lokalem Geschäft herauszuarbeiten und zu nutzen.
Onlinehandel | Einzelhandel |
---|---|
starr | lebendig |
einfach | aktiv |
logisch | beweglich |
schnell | zufällig |
ordentlich | kommunikativ |
ruhig | explorativ |
übersichtlich | unruhig |
personalisiert | anstrengend |
Wandel des Einzelhandels
Beobachtungen des Einzelhandels zufolge, geht der Trend weg vom reinen Einkauf hin zu einem ganzheitlichen Erlebnis und der Vermittlung eines Gefühls. Der stationäre Handel wird bloß zu einem Verkaufskanal unter vielen. Daher geht es weniger darum dort viele Produkte zu verkaufen, als vielmehr Kund*innen langfristig, über ein gutes Gefühl an sich zu binden. Wir erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen und verstärken wird.
Ein typisches Geschäft könnte versuchen bei seinen Kund*innen ein “Zuhausegefühl” zu wecken, indem es mit wenigen Produkten auf großer Fläche viel Freiraum bietet, ein Ambiente schafft, dass zum Aufenthalt anregt. Etwa durch ein Café, DoItYourself-Workshops (DIY) oder Erlebnis-Shopping. Letztlich wird es den Shops darum gehen, ein Lebensgefühl zu vermitteln, das die Kund*innen mit nach Hause nehmen können. Indem diese ihre Produkte selbst mitgestalten, bauen sie bereits eine persönliche Bindung zu ihnen auf.
Verlagerung in den Onlinehandel
Im Einzelhandel der Zukunft wird vermehrt mit Wohlfühl-Welten gearbeitet. Moderne Geschäfte werden also eher heimischen Wohnzimmern gleichen als mit Produkten gefüllten Lagerhallen. Um diesen Trend auch auf die Onlinewelt zu übertragen, gibt es bereits heute entsprechende Bildwelten und Corporate Designs, aber auch neue Technologien. Anstelle des an den Shop-Betreiber angepassten Shop-Designs, könnten damit auch individuelle Mobile Designs wie Farben und Hintergründe der Nutzer*innen das Aussehen des Stöber-Features bestimmen (z.B. über Material You).
Das perfekte Stöber-Erlebnis
Da es aktuell noch schwierig sein wird, alle Vorzüge und Sinneseindrücke der Offlinewelt in die Onlinewelt zu übertragen, konzentrieren wir uns auf das Erzeugen eines digitalen Stöber-Erlebnisses, das aus unserer Sicht in heutigen Onlineshops zu kurz kommt.
Wir kombinieren die Potentiale der Künstlichen Intelligenz (KI) mit einer sehr fluiden Navigation, um die Produktsuche im Onlineshop neu zu denken und eine intuitive Reise durch den Shop zu ermöglichen.
Mit Hilfe von KI ist es möglich, die Eigenschaften von Produkten inhaltlich zu erfassen. KI kann Texte verstehen, in Bildern lesen und somit Zusammenhänge herstellen und Dinge in einen gemeinsamen Kontext stellen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Produkten werden erkannt.
KI kann ähnlich einer Schaufensterdekorateur*in die typischen Artikel eines Shops erfassen und den Kund*innen präsentieren. Sie kann Produkte zu Themen- und Stilwelten zuordnen, virtuelle Regale mit ähnlichen Artikeln bestücken und wie ein Wegweiser im Kaufhaus einen Überblick über das Sortiment geben.
Mit diesen Möglichkeiten spannen wir eine Produktlandkarte auf. Durch diesen kann sich eine Kund*in frei bewegen, nach Belieben umschauen und sich auf eine Reise durch den Shop begeben. Kund*innen können einfach stöbern ohne Suchbegriffe eingeben oder durch Menüs navigieren zu müssen.
Durch Nutzung der bereits integrierten Sensoren mobiler Endgeräte wird eine fluide, intuitive Navigation durch den Produktkatalog ermöglicht.
Fluide Navigation
Unter fluider Navigation verstehen wir eine nichtlineare, explorative Navigation, die sich von den bekannten, meist seitlich angeordneten Menü-Bäumen unterscheidet. Innerhalb des Stöberraums bewegen wir uns mittels Gestensteuerung in alle Richtungen oder ermöglichen eine Nah- und Fernsicht durch Rein- und Raus-Zoomen, wodurch wie im Laden ein annähernd authentisches Stöber-Gefühl entsteht.
Gerade im Mobilen eignen sich die bereits integrierten Neigungssensoren von Handys und Tablets dazu ein Umherschweifen zu simulieren, indem die Nutzer*innen das Gerät in alle Richtungen neigen.
Möglichkeiten im Mobile-Bereich
Gestensteuerung
- Nah- und Fernsicht (Zoom In/Out)
- Umherschweifen / Stöbern (Slide & Swipe)
- Abtauchen in andere Umgebungen (Wurmlöcher)
Sensorik
- Neigungssensor / Gyroscope
Wurmlöcher
Wie durch Wurmlöcher, die über die Produktlandkarte hinweg verteilt sind, können die Nutzer*innen beliebig in andere Bereiche des Shops vorstoßen. Während der Fokus gerade auf einer bestimmten Produktgruppe liegt, werden in unmittelbarer Nachbarschaft ähnliche Produkte oder ganz neue Produktwelten vorgestellt. Quasi im Vorbeigehen entdecken die Nutzer*innen Neues oder bekommen Empfehlungen, in die sie abtauchen können. Auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk, werden so zum Beispiel Geschenkideen gefunden, an die die Kund*innen so noch gar nicht gedacht haben. Es ist quasi wie im Laden: im Vorbeigehen doch noch das passende Geschenk gefunden.
Nachhaltigkeit
Im Hinblick auf die Klimakrise ist Nachhaltigkeit gerade auch beim Thema Shopping in aller Munde. Nutzer*innen fordern seit geraumer Zeit, die Integration von nachhaltigen Produkten. Um diesem zunehmenden Anspruch gerecht zu werden, können Nutzer*innen je nach Ausführung der App, leicht und sogar spielerisch, vergleichbare, nachhaltige Produkte erkennen und entdecken. Die Empfehlung von nachhaltigeren Alternativen zu einem Produkt ist ebenso denkbar wie die Integration von Bonusprogrammen für ein nachhaltiges Kauf- und Suchverhalten.
Fazit
Zum Shopping-Erlebnis im Ladengeschäft gehört das Stöbern einfach dazu, im Digitalen kommt es aus unserer Sicht noch zu kurz. Dort werden eigene Konzepte benötigt, die über Standardmechanismen wie Suchen und Filtern hinausgehen. Wir denken, das Potential ist vor allem im Mobilen noch lange nicht ausgeschöpft. Mit unserer Stöber-App wollen wir diese Lücke schließen.
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